Montag, 14. Juli 2014

Belfast - Titanic Experience, Drockendock, Crumlin Road Gaol und eine besondere Taxi-Tour (Black Taxi Tour)



Guten Morgen, Belfast!

Der Tag ist regnerisch. Das Frühstück ist ein typisches Hotelfrühstück, aber es ist OK!

Wir haben heute ein Ziel auf dem Plan, welches eigentlich der treibende Keil für unseren auf mehrere Tage ausgedehnten Aufenthalt in Befast ist: Die sogenannte Titanic Experience, das brandneue Museum rund um die Titanic, den Bau, und die eine Fahrt mit dem bekannten Ende auf dem Grund des Ozeans.

Das Museum selbst ist sicher kein Schnäppchen, und die Empfehlung lautet, das Kombiticket mit dem Trockendock zu kaufen. Das spart ein paar Euro.

Im Museum wird das ganze Thema von Bau über Fahrt, Untergang, Rettungsaktion und Nachwirkungen professionell, multimedial und keinesfalls langweilig aufbereitet - echt sehenswert. Man muss aber schon wenigstens 3-4 h einplanen, und wird auch dann an der Hälfte aller Exponate vorbeirennen. 

Sehr empfehlenswert ist übrigens die Cafeteria. Lecker Kuchen, vernünftige Preise und Servietten im Titanic-Style ;)

Einen Kilometer die Straße runter befindet sich ein "Exponat", dass die Titanic noch erlebt hat: das Trockendock. Und was sollen wir anderes sagen: es ist gigantisch. Aber seht selbst, die kommenden Bilder können das nur teilweise wiedergeben.

Das Titanic Quarter selbst ist eigentlich das Werftgelände von Harland & Wolff. Von der alten Pracht und Geschäftigkeit ist aber nicht mehr viel übrig. Statt ehemals 50.000 Mitarbeitern sind es heute wohl noch 200...

Gigantomanie pur
Unser nächstes Ziel ist das Gefängnis Crumlin Road Gaol. Bis Ende der 1990er war dieses Gefängnis noch in Betrieb. Der Betrieb wurde eingestellt, weil man die Zellen nicht so umbauen konnte, dass jede Zelle eine Toilette erhält. Wohlgemerkt, wir reden hier von "vor 20 Jahren"...

Im Gefängnis selbst wurden neben den "normalen Verbrechern", Mörder, Diebe, Räuber etc. natürlich auch Gefangene der verschiedenen politischen Strömungen inhaftiert, und dies sorgte naturgemäß auch für Spannungen. Sogar Anschläge standen mehr oder weniger auf der Tagesordnung. Berühmt ist das Gefängnis auch für seine Proteste, bei denen unter anderem Exkremente, in Zeitung gewickelt, als Wurfgeschosse benutzt wurden. Es gab auch spektakuläre Ausbrüche. Von all dem wird auf dem ca 2 h langen Rundgang berichtet, welcher nur geführt möglich ist. Für die Fotografen: Feuer frei, es gibt keine Beschränkungen.

Hingerichtet wurde übrigens auch, und auch dieser Teil der Führung ist doch sehr bildhaft. 

Eine weitere Besonderheit ist der Tunnel, welcher das Gefängnis direkt mit dem Gerichtsgebäude auf der anderen Straßenseite verband. Aus Angst für Befreiungsaktionen wurde der Tunnel während der Troubles mit Beton verstärkt, etwa zur Abwehr von Bombenanschlägen.

Das nächste Bild zeigt auch ein - heute immer noch notwendiges Überbleibsel aus der Zeit des Nordirland-Konfliktes. Das ist eine der Peace-Walls. Man sieht gut die drei Etappen, in denen gebaut wurde. Anders als bei der Berliner Mauer ging es hier nicht darum, Leute abzuhalten, die Mauer überhaupt zu passieren. Es ging hier vornehmlich darum, katholische und protestantische Viertel voneinander zu trennen, dafür zu sorgen, dass Republikaner und Loyalisten sich nicht gegenseitig mit Molotow-Cocktails "beschenken", für Wegekontrolle. Die im Bild gezeigte Peace-Wall hat 14 Durchgänge, von denen an Wochentagen mindestens 6 geöffnet sind. Man kann sich da frei bewegen - es finden also keine Kontrollen statt.

Ansonsten ist diese Ecke zwischen Shankill Road und Divis Street einer der Brennpunkte der Belfaster Troubles - damals wie heute auch immer noch. Es gibt enorm viel zu sehen, aber auch elende Dreckecken. 

Unsere Empfehlung lautet daher: macht doch eine Black-Taxi-Tour. Die Fahrer der Belfaster Taxi-"Genossenschaft" fahren einen ein bisschen rum, und erklären einem auch gleich ein paar Hintergründe zum Konflikt selbst, und den unzähligen Murals, so heißen diese Wandgemälde. Nur 30 Pfund kostet die Tour für 1,5 h. Bill, unser Fahrer, gab uns einen tollen Einblick, und räumte auch gleich auf mit diesem "schwarz/weiß", welchem beide Seiten des Konfliktes so gern verfallen. Auch er bestätigte uns, wie andere zuvor, dass heute nicht mehr die politischen, teils legitimen Ziele der vergangenen Jahrzehnte der treibende Keil für Unruhen sind, sondern Geld, Alkohol, Bandentum und eben Rotzer.

Und auch das gehört zu Belfast: auf einmal ist da eine Demo im Gang. Pro-Palestina vs. Pro Israel...es scheint, als ob gerade die Belfaster immer noch ein bisschen engagierter sind in Sachen Meinungsäußerung. Bei der Geschichte ist das eigentlich kein Wunder! Aber auch diese Herausforderung meistert Bill, und stellt sich mit uns mitten in die Demonstranten, um weitere Details der Murals zu erläutern.

Noch was: nicht alle Murals in Belfast enthalten eine politische Aussage, aber die meisten Murals haben allerdings was mit den Konflikten dieser Welt, und natürlich vornehmlich Nordirlands, zu tun. Es sind viele Nachrufe auf getötete Kameraden darunter, und jede Menge irischer Geschichte. Die Schlacht bei Boyne spielt eine Rolle, die Rote Hand der Ulster, aber auch jüngste Versuche der Regierung, Frieden zu stiften, werden thematisiert.

Für eine Erklärung der vielen Kürzel ist hier sicher kein Platz, aber UDA, UFF und UVF sind die Loyalistischen Gruppierungen, die IRA, PIRA, RIRA usw. sind die Republikanischen Gegenstücke. Und RUC steht für Royal Ulster Constabulary, das war die allgemein hin als äußerst brutal verschriene Polizei Nordirlands, bis diese erst 2001 (!!) im Police Service of Northern Ireland (PSNI) aufging. Mittlerweile gibt es gesicherte Erkenntnisse darüber, das die RUC eine treibende Kraft beim Anheizen des Konfliktes war.

Wir lassen uns von Bill im Zentrum absetzen, gehen noch was Essen und laufen dann zurück ins Hotel. Wow, was für ein Tag - vollgepackt mit allen möglichen Impressionen, hochinteressant, manchmal bedrückend...


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